Die ältesten statistischen Aufzeichnungen über den Kartoffelanbau in Tirol datieren aus dem Jahre 1836. Bereits aus diesen Aufzeichnungen ist abzulesen, dass die Kartoffelproduktion in den Oberländer Gerichtsbezirken intensiver betrieben wurde als im Unterinntal., obwohl dort von alters her bedeutend mehr Ackerflächen bearbeitet worden waren.
Ab dem Jahr 1874 lässt sich die Entwicklung der Anbauflächen für Kartoffel im Jahrbuch des k.k. Ackerbauministeriums genau verfolgen. Damals betrug sie in Nordtirol rund 3.100 ha, das waren exakt 5,8 Prozent des Ackerlandes. Von den vorhin angeführten 3.100 ha waren im Oberinntal 2.040 ha (das waren rund 15% des Ackerlandes), im Unterinntal nur 1.060 ha (2,6 % des Ackerlandes) als Kartoffelanbaufläche ausgewiesen. Bis zum ersten Weltkrieg wuchs die Kartoffelanbaufläche in Nordtirol konstant, so dass sie 1913 schon 4.870 ha betrug. Nach dem ersten Weltkrieg wurden diesbezügliche Statistiken ab 1927 geführt. Darin zeigt sich erstmals eine Reduktion der Anbaufläche auf 3.250 ha. In den folgenden Jahren wurde wieder ein kräftiger Anstieg verzeichnet, beispielsweise 1935 mit 4.830 ha und 1937 6.160 ha. Während des Zweiten Weltkrieges verringerte sich der Anbau spürbar. Nach einer starken Zunahme in der Nachkriegszeit kam es ab den 1970ern wieder zu einer konstanten und teilweise drastischen Reduktion der Kartoffelanbauflächen. Im Jahre 2000 beispielsweise wurden in Tirol nur mehr auf 600 ha Kartoffeln angebaut!
Bei allem Auf und Ab in der Statistik hat sich im Verhältnis der Anbauflächen zwischen Ober- und Unterinntal seit dem Jahre 1874 nichts grundlegend geändert.
Zum einen wird die Ursache in den natürlichen Gegebenheiten gesucht.
Diese Vermutung kann aber nicht als Beweis angesehen werden, angesichts der Tatsache, dass auch in Gebieten mit höheren Niederschlagsmengen Erdäpfel bestens gedeihen und nachweislich sogar höhere Erträge als im Oberland möglich sind.
Die Gründe müssen also wo anders zu suchen sein.
Wenn man die Besitzverhältnisse und die Wirtschaftsweise betrachtet, fällt auf, dass die bäuerlichen Kleinbetriebe und die im Oberinntal praktizierte Form der Fruchtwechselwirtschaft günstigere Voraussetzungen für die Ausbreitung des Kartoffelbaues bot als der größere Besitzstand und die Egartwirtschaft der Unterinntaler Bauern. Hinzu kommt noch, dass im Oberinntal eben infolge des Kleinbesitzes die Dichte der landwirtschaftlichen Bevölkerung pro Hektar Ackerland stets viel größer war als im Unterinntal. Dieser Unterschied führte schon zur Zeit der Einfuhr der Kartoffeln nach Nordtirol dazu, dass die Erdäpfel schon vor 160 Jahren als "wahre Brotfrucht" im Oberinntal hoch geschätzt war, während sie zu dieser Zeit im Unterinntal vielfach noch als "Fackenfutter" verpönt war. Unbestritten ist, dass die Oberländer Kleinbauern durch den Erdäpfelanbau den Selbstversorgungsgrad stark erhöhen konnten .